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Zu Gast bei Basics09

Paul-Lincke-Ufer, Berlin. Hier liegt das Grafikdesign-Studio der Basics09, welches hauptsächlich visuelle Systeme für Print und Web entwickelt. Nun besuchen die Basics-19 die Basics09, um über ihren Agenturalltag, das Studium an der UdK und dessen Grundlagen zu sprechen.

Basics Blog: Wie seid ihr zur UdK gekommen?

Basics09: Wir hatten alle Lust, in einer großen Stadt zu studieren. Unsere Wege kreuzten sich hier in Berlin, bei der Aufnahmeprüfung für die UdK. Dass wir uns getroffen haben, war wohl das Beste am Grundlagenstudium – vielleicht sogar am ganzen Studium. Es war eine sehr schöne Erfahrung an der UdK zu studieren und so viele talentierte Menschen mit ähnlichen Interessen zu treffen. Die Lehre ließ uns damals viele Freiräume und war nicht so “verschult“ wie heute durch Bachelor und Creditpoints. Wir hatten zweimal die Woche fixe Termine; in der Zeit dazwischen haben wir uns und die anderen kennengelernt und eigene Projekte realisiert. Die offene Unterrichtsstruktur an der UdK war auch damals etwas Besonderes und hat sich sehr von der anderer Hochschulen unterschieden. Rückblickend sind wir sehr froh, dass wir an der UdK genau zu dieser Zeit studiert haben.

BB: Welche Klassen habt ihr besucht?

B09: Im dritten und vierten Semester waren wir Teil der Klasse Informationsgestaltung unter der Leitung von Herr Prof. Klar. Bei ihm haben wir unser Vordiplom gemacht. Anschließend haben wir in der Plakatklasse von Melk Immboden studiert, bis sich durch ein Erasmus-Semester unsere Wege eine Zeit lang trennten.

Wieder zurück in Berlin, haben wir uns in der neuen Grafikdesign-Klasse von Prof. Hickmann wiedergetroffen und dort auch – nach 14 Semestern Studium – gemeinsam Diplom gemacht.

BB: Ihr habt euer Studio während des Studiums gegründet?

B09: Ja genau, 2005. Damals wurde bei uns ein Adobe-Flash-Workshop angeboten. Ziel war es, einen Beitrag für den i-clip, ein MTV Award für interaktive Musikvideos, zu produzieren. Dabei wurden Gruppen gebildet und Nummern vergeben. – Wir waren das Team Basics09. Als wir den Wettbewerb tatsächlich gewannen, fing alles an. Zum Beispiel wurden wir danach als Sprecher auf die Typo eingeladen, damals eine große Sache. Nachdem das Video, wie man heute sagen würde, viral ging, haben wir uns dazu entschieden den Namen zu behalten. Schritt für Schritt haben wir dann angefangen, für reale Kunden Projekte zu realisieren.
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BB: Hat euch die Uni auf einen solchen Einstieg in das Berufsleben vorbereitet?

B09: Naja, die Uni hat uns zusammengebracht und uns einen künstlerischen Rahmen gegeben, um uns auszuprobieren. Jede Professor*in und jede Kommiliton*in war für uns dabei wichtiger Input. Die UdK war quasi ein geschützter Raum mit viel Platz und ohne finanziellen Druck. Hier konnten wir eine persönliche und künstlerische Position entwickeln. Allerdings haben wir vieles auch nicht gelernt, zum Beispiel wie man ein Studio führt oder einen Businessplan aufstellt.
In diesem Bereich haben wir viel ausprobiert und uns Hilfe von Außen geholt. Zum Glück gab es in unserem Umfeld begabte Menschen, die uns begleitet haben und auch immer noch begleiten.
Das Beherrschen von Werkzeugen, die wir im Grafik-Design benutzen, Programme beispielsweise, haben wir uns selbst angeeignet. Wenn ich so darüber nachdenke, wäre es sehr hilfreich gewesen, sich mit Excel vertraut zu machen... Im Studiengang Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der UdK lernt man so etwas ganz bestimmt.

BB: Wie sahen eure ersten Schritte aus?

B09: Wir hatten Bock auf das Studium und auf die Arbeit und haben deshalb nichts Anderes gemacht – außer Berlin zu genießen (Alle lachen). Nach unserer erfolgreichen Teilnahme am MTV Award kamen erste Anfragen für Websites, für Erscheinungsbilder und Cover. Dank unserer Konstellation konnten wir sowohl Web als auch Print abdecken und so haben wir einfach losgelegt.

BB: Waren eure Rollen und Funktionen klar verteilt?

B09: Wir haben das Projekt Basics09 von Beginn an eher wie eine Band betrachtet. Wir sind sehr offen gestartet und sind immer enger miteinander geworden, bis wir zu dritt ein eingespieltes Team waren. Unsere Rollen waren und sind bis heute klar verteilt: Rasso, der 2016 bei Basics09 ausgestiegen ist, mit dem wir aber immer noch sehr intensiv zusammenarbeiten, hatte eine große Affinität für das Programmieren. Wir, Arne und Korbinian, haben uns auf Print konzentriert, wobei Arne einen fotografischeren Hintergrund mitbringt.
Irgendwann hatten wir unsere erste Mitarbeiterin, eine Programmiererin. Später begannen wir auch Praktikant*innen für fünf oder sechs Monate zu beschäftigen. Eine davon hat nach dem Praktikum weiter als Freelancerin mit uns zusammengearbeitet. So hat sich das Studio allmählich verändert.

Auch räumlich. Am Anfang braucht es nicht mehr als einen Computer und Menschen, die gerne miteinander arbeiten. Wir haben zu Hause gemeinsam gestaltet und Projekte realisiert. Doch irgendwann lief das nicht mehr besonders gut. Sich von der Arbeit zu lösen, ist schon schwer genug und zu Hause noch schwerer. So mieteten wir nach unserem Auslandsjahr einen ersten kleinen Raum. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten wir bereits viel mehr für das Studio als für unser Studium.
2009 sind wir in diese Fabriketage hier gezogen, die wir uns mit unseren Freunden von Zwölf/Handsiebdruckerei Kreuzberg – übrigens auch von der UdK – teilen.

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BB: Gibt es Kunden, die ein Sprungbrett für euch waren?

B09: 2009 haben wir vom MoMa in New York eine E-Mail in unserem Postfach entdeckt und dachten zunächst, es wäre Spam. – Doch es stellte sich heraus, dass wir wirklich eine Website für sie gestalten sollten. Das war großartig und gleichzeitig ein enormer Druck, schließlich möchte man, wenn man schon die Möglichkeit bekommt für eine solche Institution zu arbeiten, auch abliefern.
Daneben haben wir früh angefangen für die französische Jugendorganisation Jeunesse et Réconstruction, die weltweit Volontariate für junge Menschen organisiert, zu arbeiten. Wir wurden nach Paris eingeladen und haben dort Kataloge in einer Auflage von 15.000 Stück produzieren lassen. Damals war das sehr aufregend und wir haben sehr viele praktische Erfahrungen sammeln können. Wobei man auch sagen muss, dass wir von jeder Auftraggeber*in und in jedem neuen Projekt etwas gelernt haben. Die Website der UdK haben wir übrigens auch gemacht. Das ist in jedem Fall eines der Referenz-Projekte, welches Vertrauen bei zukünftigen Partner*innen geschaffen hat. Sich mit der Universität als Apparat auseinanderzusetzen und an einem so langfristigen Projekt zu arbeiten, war außerdem inhaltlich und technisch sehr erkenntnisreich und interessant. Einen Job, der uns Lichtjahre nach vorne katapultiert hat, gab es aber nicht: Wir sind im Rahmen von Freude, Möglichkeiten und Können gewachsen.

BB: Hat es geholfen nicht alleine zu sein?

B09: Zu dritt ist es natürlich besser, als alleine: Erfolge zu teilen macht mehr Spaß und wenn mal etwas schief geht, dann kann man gemeinsam schnell eine Lösung finden. Das ist super angenehm.

BB: Wie lange arbeitet man an einem Projekt?

B09: Es gibt Projekte, die finalisiert man in drei Tagen. Das sind die Wenigsten. Und dann gibt es eben auch Bücher, die Jahre in Anspruch nehmen, bis sie gedruckt vor einem*r liegen. Die Website der UdK hat beispielsweise eineinhalb Jahre gedauert, von Entwurf und Umsetzung über Abnahme zu Launch.
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BB: Gibt es Kriterien für die Auswahl von Auftragsangeboten?

B09: Wichtig für uns sind die Menschen, die dahinter stehen und dass wir gerne miteinander arbeiten. Auch wichtig ist, dass uns der Auftrag inhaltlich interessiert. So passen die meisten Aufträge am Ende auch zu unserem Portfolio. Wobei manche Sachen explizit als Portfolio-Projekte entstehen, während andere Aufträge nie darin aufgenommen werden. – Früher haben wir das Money-Money-Projekte genannt. Quasi Projekte, die man macht, damit man andere machen kann. Aber auch hier ist wichtig, dass wir uns mit jedem Projekt und den Menschen dahinter wohlfühlen. Was wir an dieser Stelle betonen wollen: Es ist wichtig Nein sagen zu können – auch im Prozess, die Augenhöhe zu wahren und transparent zu sein. So können sich spannende Dialoge, Kooperationen und lange Beziehungen entwickeln. So gehören zu unseren Kunden viele, die wir schon als Studierende betreut haben. Wir werden glücklicherweise öfter weiterempfohlen auch deswegen mussten wir noch nie Kalt-Aquise machen. Die beiderseitige Grundlage ist immer Offenheit.

BB: Arbeitet ihr nach bestimmten Prinzipien?

B09: Wir haben keine Gestaltungs-Schublade mit Patentrezepten, die immer wieder geöffnet wird. Aber ein Prinzip könnte sein, dass unser primärer Fokus schon immer auf den Inhalten und deren Kommunikation lag. Wir versuchen, die Gestaltung nicht über den Inhalt zu stellen, sondern eine bestmögliche Form für diesen zu erarbeiten. Dabei nehmen wir uns eher zurück und haben ein paar Methoden entwickelt, mit deren Hilfe wir uns neuen Aufgaben annähern.

BB: Wir sind im universitären Rahmen kreativ und an verschiedene Zeiten und Aufgabenstellungen gebunden. Aber wie seid ihr kreativ, um damit Geld zu verdienen?

B09: Wir kalkulieren in Tagessätzen, so wie es wahrscheinlich die meisten Studios machen. Allerdings ist bei uns auch eine Pauschale einkalkuliert. Wir berechnen also die voraussichtliche Anzahl an Tagen, die das Projekt in Anspruch nimmt. Manchmal geht es schneller, manchmal geht es weniger schnell; wenn wir an einem Projekt arbeiten, geben wir uns so viel Zeit wie wir eben brauchen, damit wir mit der Gestaltung zufrieden sind und berechnen sehr selten nach. Den Ansatz, mehrere, oft grundverschiedene Entwürfe zu erarbeiten und zu präsentieren – wie er auch im Studium oft vermittelt wird – verfolgen wir dabei nicht. Wir probieren natürlich erstmal aus, machen Entwürfe und wählen dann recht schnell eine konzeptuelle und visuelle Richtung aus, die wir weiterverfolgen. Und wir glauben daran, dass auch die erste Idee sehr gut sein kann.
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BB: Ihr seid ein Studio für Print und Web. Wie schätzt ihr den Prozess der beiden Medien ein? Exklusivität vs. schnelle Information.

B09: Bei uns hält sich das die Wage: 50% Web/Digital zu 50% Print. Dabei ist das Medium erstmal nicht so wichtig, sondern die Aufgabe an sich. Im Gestaltungsprozess und der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Anforderungen, entscheiden wir uns dann wie viel Print und wie viel Digitalität zu dem jeweiligen Projekt passt und besprechen, ob es hier sogar spannende Überschneidungen geben kann.
Ein passendes Beispiel sind die Darmstädter Ferienkurse, ein Festival für Neue Musik. Sie suchten ein neues Erscheinungsbild, das crossmedial funktionieren sollte. So etwas macht natürlich am meisten Spaß, denn man kann und darf dann alles ausprobieren und durchdeklinieren. Dass etwas exklusiver wird, nur weil es in ein Buch gefasst ist, glauben wir nicht; eine sehr gut programmierte und gestaltete Website ist genauso wertvoll und hat dadurch, dass sie für alle leichter erreichbar ist, einen ganz besonderen Wert.

BB: Gibt es eine Arbeit, auf die ihr besonders stolz seid?

B09: Es ist schwer, eine Arbeit hervorzuheben. Die Darmstädter Ferienkurse haben wahnsinnig viel Spaß gemacht, die Website der Schlosspost der Akademie Solitude ist auch ein gelungenes Projekt, weil hier die Zusammenarbeit mit den Ansprechpartner*innen, die Auseinandersetzung mit dem Thema und das visuelle Ergebnis erfolgreich waren, alles super. Auch die Arbeiten, die gemeinsam mit Olafur Eliasson, Christina Werner, Eric Ellingston und dem Institut für Raumexperimente entstanden sind, das Festival für Future Nows in der Nationalgalerie und im Hamburger Bahnhof sind Erlebnisse, die wir nicht missen wollen. Wir haben tolle Menschen getroffen und wertvollen Input bekommen.

BB: Wie messt ihr euren Erfolg? Nach „Bock“?

B09: Das ist vielleicht etwas zu einfach. Unser Ziel war es aber schon immer, gerne zur Arbeit zu kommen. Spaß zu haben und damit Geld zu verdienen, was gibt es Besseres? Letztendlich spielt finanzieller, zeitlicher und gesundheitlicher Aufwand eine große Rolle. Schon einige Faktoren mehr als nur Spass und Lust. Aber lustgetriebenes Grafikdesign zu machen, ist total wichtig.

BB: Wie setzt ihr euch Ziele?

B09: In regelmäßigen Abständen setzen wir uns zusammen und besprechen unsere kurzen, mittelfristigen und langfristigen Ziele. Die behalten wir manchmal für uns, manchmal besprechen wir sie auch in einer größeren Runde. Schließlich garantiert die Tatsache, dass wir heute hier sitzen, Kaffee trinken und nette Kunden haben, nicht, dass es morgen auch so bleibt. Natürlich spürt man einen gewissen Druck; wenn wir schlechte Arbeiten machen oder nicht mehr offen und suchend sind, hört alles auf. Dennoch: Die Angst sollte kein treibender Faktor sein.
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BB: Trefft ihr Leute, die vom Agenturleben bereits verängstigt sind?

B09: (Alle lachen) Heute haben alle, die mit uns zusammenarbeiten eine 35-Stunden-Woche und diese wird grundsätzlich auch eingehalten. Aber das verändert sich auch mit dem Alter: Ich find es total okay, in eurem Alter 60 oder 70 Stunden die Woche für etwas zu arbeiten, das einen interessiert und das man gerne macht. Es ist völlig legitim für sich selbst viel zu arbeiten. Während unseres Diploms waren wir sicher irgendwann bei 80 Stunden die Woche. Aber das war auch ok: Wir haben drei bis fünf Stunden geschlafen, gearbeitet und Spaß gehabt, waren mit Künstlerinnen und Künstlern feiern oder sind auf Ausstellungen gewesen.

BB: Die Grundlagen des Entwerfens verbinden uns. Wie verändert sich der Begriff der Grundlagen im Hinblick auf die Zukunft?

B09: Mit am wichtigsten ist es, im Grundstudium das Bespielen eines Formats zu erlernen. Egal ob analog oder digital, denn es geht immer darum, ein Gefühl für Gestaltung zu bekommen; zum Beispiel indem man fünf Punkte auf einer Fläche verteilt. Aber eine digitale Ausrichtung wird sicherlich zunehmend wichtiger. Heutzutage ist medienübergreifende Gestaltung gefragt; Aufgaben sollten medienübergreifend gestellt werden.

BB: Was würdet ihr Leuten raten, die genau so wie ihr Bock haben, etwas eigenes auf die Beine zu stellen?

B09: Einfach machen... Einfach machen, wirklich. Das ist das Beste. Wenn man Student*in ist, kann man ja gar nicht so viel falsch machen. – Schließlich kann man sich immer darauf berufen, noch Student*in zu sein. Man lernt sehr viel von Kommiliton*innen und fragt nach Rat. Zumindest wir haben es so gemacht.

BB: Und es hat funktioniert.