Über: Susan Sontag – On Photography

„It all started with one essay – about some of the problems, aesthetic and moral, posed by the omnipresence of photographed images: but the more I thought about what photographs are, the more complex and suggestive they became.“, bemerkt Susan Sontag zu Beginn ihres Essaybands On Photography und benennt damit im ersten Satz, was der vage Titel offen lässt: In der Sammlung von sechs zuvor in The New York Reviews of Books erschienen Essays geht Sontag mit äußerstem Feingefühl möglichen Implikationen der unaufhaltsamen Verbreitung fotografischer Medien nach – und lotst dabei Wege von ungebrochener Aktualität aus. 

In den einzelnen Aufsätzen stellt sich Sontag moralischen, politischen und ästhetischen Fragen, die oftmals keine finalen Antworten zulassen, doch gerade daraus ihre andauernde Brisanz beziehen. Ausgangspunkt ihrer Reflexionen bildet dabei die Annahme, das Medium der Fotografie nehme Einfluss auf „a grammar and, even more importantly, an ethics of seeing“. Es ergeben sich demnach fundamentale erkenntnistheoretische Verschiebungen durch die alltägliche Omnipräsenz (scheinbarer) „miniatures of reality“, die es neben den Fotografien selbst ins Auge zu fassen gilt. Sontags Vorgehen ist weniger ein systematisches als ein Zusammentragen diverser Blickrichtungen, die unzählige Aspekte beleuchten: Überlegungen zum fraglichen dokumentarischen Charakter fotografischer Artefakte oder der möglichen Gefahr demokratisierter Produktionspraxis und universalisierter Erfahrung wechseln sich ab mit Fragen nach der unüberwindbaren Oberflächlichkeit der Fotografie und der Spontanität dieses fluiden und oftmals intuitiv anmutenden Mediums. Das Verhältnis von „beautification“ und „truth telling“ wird dabei immer wieder neu verhandelt; so schlägt der sechste und letzte Essay „The Image-World“ den Bogen zurück zum Auftakt der Sammlung „In Plato’s Cave“ und denkt in Anlehnung an Walter Benjamin noch einmal über die Reproduzierbarkeit von Fotografien, die Frage nach Original und Kopie nach. Die finale Konklusion bleibt dabei die – ähnlich dem Titel – zuweilen etwas vage Forderung nach einer „ecology of images“.

Ein kritisch bis skeptischer Grundton eint die zerstreuten Ansätze, der die tiefreichende Faszination Sontags – selbst Filmemacherin – kontrastiert und mündet in eine collageartige Zitatsammlung zur Fotografie – die Widmung an Benjamin unmissverständlich: „Homage to W. B.“

Susan Sontag. On Photography. Farrar, Straus & Giroux. New York: 1977.